Nachhaltiges Planen und Bauen – ohne Katastrophenvorsorge?

Resümee der Podiumsdiskussion der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten von Mittwoch, den 9. März 2011.

Zur ersten Veranstaltung der Diskussionsreihe „Nachhaltiges Planen und Bauen“ im Jahr 2011 – und zur achten insgesamt - lud der Ausschuss Nachhaltigkeit der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK) ins ERSTE Bank Event Center. Auf der Agenda stand mit dem Katastrophenschutz ein vielschichtiges und brisantes Thema, das auch im Publikum niemanden unberührt ließ.

Zusammenfassungen der Redebeiträge



Peter Maydl, Mitglied des Ausschusses Nachhaltigkeit, sprach einleitend die Häufung von Katastrophen an, die mit dem Klimawandel in Zusammenhang gebracht werden, und schlug die Brücke zum Thema des Abends: Auf welche Szenarien muss sich das Bauwesen einstellen? Und welche Überlegungen müssen in Zukunft schon in der Planungsphase berücksichtigt werden?






Helga Kromp-Kolb, Professorin am Institut für Meteorologie der BOKU Wien, stellte zunächst ein mittelfristiges Klimamodell vor: Vor rund fünfzig Jahren habe ein rapider Anstieg an CO2-Emissionen begonnen, bis Ende des Jahrhunderts könne in Österreich ein Temperaturanstieg von bis zu 5 Grad erfolgt sein – womit sich unser Klimagebiet grundlegend gewandelt hätte. Schon jetzt sei ein deutlicher Anstieg an Hitzetagen im Sommer zu verzeichnen, mit immer weniger Abkühlung in der Nacht. Extremereignisse beträfen jedoch nicht nur die Temperaturen. Ebenso sei mit mehr Starkniederschlägen und warmen, sehr niederschlagsreichen Wintern in Österreich zu rechnen.





Jürgen Suda vom Institut für Konstruktiven Ingenieurbau der BOKU Wien lieferte zunächst einen Überblick über die relevanten Naturgefahren, führte an, welche Faktoren speziell für den Alpenraum von Bedeutung seien und erläuterte, welche der Naturgefahren auch in Abhängigkeit zur Klimaveränderung stehen. Die zentrale Frage sei, wie diese Prozesse auf Gebäude wirkten und wo sich aus Sicht der Ingenieure und Architekten ansetzen ließe. Allgemeine Bewusstseinsbildung, eine fokussierte Ausbildung sowie die Überprüfung und Adaptierung der Normen für meteorologische Einwirkungen seien hierfür wesentlich.





Erich Fritsch, Geschäftsführer der Passer & Partner ZT GmbH, Innsbruck, ging das Thema Katastrophenschutz aus Sicht des Wasserbaus an: In diesem Bereich gäbe es einen nachhaltigen Umgang mit ökologischen, ökonomischen und vor allem auch sozialen Aspekten – zum Beispiel im Bereich von Schutzmaßnahmen an Gewässern – eigentlich schon lange. Darüber hinaus sei Wasserkraft der Inbegriff der Nachhaltigkeit, auch wenn Bedenken aus gewässerökologischer Sicht bestünden; dies allein zeige die Komplexität des Themas an.





Othmar Nagl brachte als Vorstandsdirektor der OÖ Versicherung AG, Linz, die Sicht der Versicherungen in die Diskussion ein. Die starke Zunahme an Naturkatastrophen stelle die größte Herausforderung für die Zukunft seiner Branche dar. Ansätze für die Schadenprävention ortete er in der Bauplanung und der fachgerechten Ausführung, vor allem aber in rechtlichen Maßnahmen. Es fehlten gesetzliche Rahmenbedingungen und eine Gefahrenzonenplanung, die über das Thema Hochwasser hinausgehe.

Bilder: © Bernhard Wolf

Die rechtliche Situation war auch Ausgangspunkt der anschließenden Diskussion, die unter reger Anteilnahme des Publikums geführt wurde. Helga Kromp-Kolb machte deutlich, dass es Gesetze auf allen Ebenen bedürfe: solche, die den Klimawandel eindämmen; und solche, die uns helfen, uns an den Klimawandel anzupassen.

Peter Huemer bestätigte, dass ein radikales, unpopuläres Regelwerk unabdingbar sei – hier könne die Versicherungsbranche als Partner der Politik auftreten. Vonseiten der Zuhörerschaft wurden sowohl Architekten wie Ingenieure in die Pflicht genommen, und auch Helga Kromp-Kolb forderte ein Umdenken dieser Berufsgruppen.

Resümierend erklärte Peter Huemer, dass nur ein Netzwerk an Ideen dazu beitragen könne, die dramatische Situation in den Griff zu bekommen.

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